gemeindearchiv
der Ev. Kirchengemeinde
Velbert
Bis zum 22. November 1862, vor nun rund 150 Jahren, gab es in Velbert zwei evangelische Gemeinden, eine lutherische und eine reformierte, mit jeweils eigenen Kirchenbüchern für Taufen, Heiraten und Sterbefälle. An jenem Datum vereinigten sich die vormals recht verfeindeten Anhänger der unterschiedlichen Glaubensrichtungen zu einer Gemeinde. Wie es dazu kam, ist rasch erklärt.
Das Rheinland gehörte nach dem Sieg gegen Napoleon (1815) zum Königreich Preußen. Der preußische König Friedrich Wilhelm III und vor allem seine Ehefrau Luise, die damalige Königin der Herzen, wünschten sich, dass es in ihrem Reich nur eine evangelische Kirche geben sollte, und setzten sich vehement für eine Vereinigung der lutherischen und re- formierten Gemeinden ein, wenn auch gegen erheblichen Widerstand.
Dem König gelang die Vereinigung der beiden Streithähne, indem er eine Verwaltungsunion schuf, keine Bekenntnisunion. Recht deutlich wird das in der Behandlung der Abendmahls- frage. Hier gingen ja die Meinungen zwischen den Protestanten extrem auseinander. Luther zelebrierte nicht mehr die Wandlung von Brot und Wein, behielt aber das Abendmahl in jedem sonntäglichen Gottesdienst bei. Die Calvinisten feierten das Abendmahl nur noch am Karfreitag und zwar als Gedächtnisfeier. Die Gemeinden in Preußen einigten sich darauf, dass einmal im Monat das Abendmahl im Gottesdienst gefeiert wurde und jeder daran teilnehmen konnte, aber keiner gezwungen wurde.
Nicht in Velbert, aber andernorts können wir erleben, dass nach dem Segen der Gemeinde die Feier des Abendsmahls angeboten wird. Wer da nicht teilnehmen will, geht nach Hause.
Bleibt die Frage nach den weiteren wesentlichen Unterschieden zwischen den Lutheranern und den Calvinisten. Hier der entscheidende Punkt: Luther wollte die römische Kirche, seine Kirche, erneuern, sozusagen renovieren. Zwingli und Calvin wollten weg von der römischen Kirche, wollten eine andere, eine neue Kirche. Zwinglianer und Calvinisten, die später vom Volk den Namen „die Reformierten“ bekamen, schafften in ihren Gottesdiensten alles ab, was „katholisch“ war. Sie entfernten die Bilder und Altäre aus den Kirchen und auch, so weit vorhanden, die Orgeln, denn sie wollten nichts mehr von liturgischen (= katholischen) Gesängen wissen und brauchten mithin keine Instrumente in der Kirche. Sie begnügten sich lange Jahre mit dem Lesen von Psalmen.
Ganz anders war das bei den Lutheranern. Luther behielt den Aufbau der Gottesdienste bei, wie er ihn von der katholischen Messe gewohnt war. Er verzichtete nicht auf die Liturgie, also auf das Gloria, das Kyrie und das Agnus Dei, nur wurde alles auf Deutsch gesungen. Und es wurde unter Luther viel!!! gesungen.
Woran erkennen Sie leicht, dass Sie in einer unierten Gemeinde am Gottesdienst teilnehmen? Ganz einfach: Die Lutheraner beginnen die sonntägliche Feier wie die Katholiken mit dem Eingangswort: „Im Namen des Vater und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen“. Die Reformierten haben sich ein Wort aus Psalm 124 ausgesucht: „Unser Anfang und unsere Hilfe stehen im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“. Und bei den Unierten? Da hören Sie zum Anfang die allvertrauten Worte: „Im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Und gleich danach: „Unser Anfang und unsere Hilfe stehen im Namen des Herren, der Himmel und Erde gemacht hat“. So einfach ist das.
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