Ist das Gott oder kann das weg?

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Pfarrer Flaig, UweIch frage mich gerade, wie lang die Halbwertzeit von Ostern ist. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, ist es noch zwei Wochen hin bis Ostern. Wenn Sie das in den Händen halten und lesen, liegt Ostern schon circa eine Woche zurück. Was bleibt außer ein paar bunten Eierschalen und der Deko, die fürs nächste Jahr wieder in den Schrank wandert? Ein Gefühl von Frühling? Hoffnung? Aufbruch?

Von seinem Ursprung her ist Ostern ein ziemlich schräges Fest. Im Zentrum steht bzw. liegt ein gekreuzigter Jesus, tot in seinem Grab. Seine Jünger sind frustriert und voller Angst. Drei Jahre sind sie ihm gefolgt, haben gehofft und geglaubt, dass ihr Rabbi von Gott kommt und eine neue Art von Wirklichkeit in die Welt bringt. „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“

Und nun ist er ausgeträumt, dieser Traum von einer neuen, besseren Art zu leben. Der Traum, dass Gottes Königreich zu den Menschen kommt. Und die Frage stellt sich: Wer war Jesus?

Und es stellt sich die Frage, die sich sonst eher bei moderner Kunst stellt: „Ist das Gott oder kann das weg?“

Die Antwort liegt auf der Hand. Jesus liegt in seinem Grab. Sein toter Körper hastig entsorgt, bevor der Ruhetag anbricht. Zwei Tage später soll die richtige Beisetzung folgen. Abschied nehmen von Jesus. Abschied nehmen von dem Traum, dass Leben besser werden kann und Menschen von innen heraus verändert und heil werden können. Hoffnung finden können, die über den Tod hinausreicht und die die Kraft hat, Leben zu verändern.

Karfreitag …

Karsamstag …

Karsonntag …

Karmontag …

Das althochdeutsche Wort Kara bedeutet Klage und Trauer. Abschied von Hoffnung und Zukunft.

Aber dann ist etwas geschehen, was diesen Trauerprozess unterbrochen hat. Gestoppt hat. Umgekehrt hat.

Karsonntag. In dem Grab von Jesus ist etwas ganz Abgefahrenes passiert, was die Bibel als Neuschöpfung beschreibt. Auferstehung von den Toten. Jesus mitten drin im neuen Leben. Als Erster. Damit die anderen folgen können.

Und das bedeutet, dass Gott amtlich gemacht hat: Der gekreuzigte Jesus ist Gott. Gottes Sohn. Wie auch immer. Und deswegen kann er nicht weg. Ist unverzichtbar für den Glauben. In seinem gekreuzigten Sohn begegnet Gott uns auf unvergleichliche Weise. Mitten im menschlichen Leid und Elend. In den Tiefen unseres Lebens.

„Ist das Gott oder kann das weg?“

Diese Frage stellt sich nicht nur in Bezug auf den Tod von Jesus vor fast 2000 Jahren. Sie stellt sich mir auch in Bezug auf den Glauben überhaupt. Was ist dran an dem Konzept von Glaube, Liebe und Hoffnung? Was steckt dahinter? Ist das Gott? Oder kann das weg?

Die Botschaft von Ostern ist: Im gekreuzigten und auferstandenen Jesus begegnet dir Gott. Gott, der die Liebe ist. Gott, der auch im Leid bei uns ist. Gott, dessen Möglichkeiten übers Grab hinausreichen. Gott, der versöhnt und neue Lebensperspektiven schafft.

Wenn das wahr ist, dann könnte man getrost den Eigenversuch wagen: Beten. Kontakt aufnehmen zu dem Auferstandenen. Ihm das Herz ausschütten. Und sich drauf einlassen, dass er bei uns ist in guten wie in schweren Tagen.

Uuund: Wenn das wahr ist, dann müsste die Halbwertszeit von Ostern ungefähr bei ewig liegen. Kein Verfallsdatum. Kein best before end.

Also doch mehr als Deko, Frühlingsgefühle und bunte Ostereier.

Gott sei Dank!

Ihr/euer Uwe Flaig