Prüft alles und behaltet das Gute

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„Prüft alles und behaltet das Gute!“

Was heißt „prüfen“? Anschauen oder ausprobieren? Und wirklich „alles“? Und was ist das Gute? Ist nicht für jeden Menschen etwas anderes gut? Und kann man das Gute überhaupt behalten oder ist es nicht etwas, was immer wieder neu ins Leben hineinkommen muss?

Über die Jahreslosung kann man sofort diskutieren. Mag diese Aufforderung zunächst einfach und alltagspraktisch klingen, wenn man tiefer einsteigt, wird`s ganz schön kompliziert. Aber auch interessant. Mit meiner Tochter hatte ich kürzlich so ein Gespräch. Für sie war das „Prüfen“ mehr ein gründliches Überlegen und Abwägen, während ich gesagt habe: es gehört doch dazu, auch etwas auszuprobieren. Sonst erfährt man nicht, ob es gut ist.

Was meint nun Paulus mit diesem Satz, der sich in einer Fülle von weiteren Ermahnungen in seinem ersten Brief an die Thessalonicher findet:  

„Weist die Unordentlichen zurecht,
tröstet die Kleinmütigen,
tragt die Schwachen,
seid geduldig gegen jedermann.
Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte,
sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.
Seid allezeit fröhlich,
betet ohne Unterlass,
seid dankbar in allen Dingen;
denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.
Den Geist dämpft nicht.
Prophetische Rede verachtet nicht.
Prüft aber alles und das Gute behaltet.
Meidet das Böse in jeder Gestalt.
Er aber, der Gott des Friedens,
heilige euch durch und durch…“ (1. Thessalonicher 5,14-23)

Paulus hat bei diesen Worten die verschiedenen Menschen in Thessaloniki vor Augen – eine Gemeinde, die er vor einiger Zeit gegründet hat. Immer wieder denkt er voller Freude an diese Tage zurück, aber zugleich ist er auch voller Sorge um das weitere Wohlergehen der noch sehr jungen Gemeinde. Und deshalb sind es keine Mahn- oder Drohworte,  sondern Worte aus der Liebe und Zuwendung heraus. Also nicht: So müsst ihr leben!, sondern: So könnt ihr leben! Paulus möchte, dass seine Gemeinde wächst, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Und in diese intensive Beziehung, die Paulus zur Gemeinde hat, dürfen wir uns mit hineingenommen fühlen.

Denn wir sind vielleicht gar nicht so weit entfernt von der damaligen Situation der Menschen in Thessaloniki. Gründen wir nicht auch gerade eine neue Gemeinde? Die „Evangelische Hoffnungsgemeinde Velbert und Tönisheide“! Zugegeben, wir haben natürlich schon etwas Erfahrung mit dem Gemeindeleben in unseren „alten“ Kirchengemeinden und doch entsteht gerade etwas Neues. Wir werden größer und vielfältiger und bringen jede Menge Traditionen und Erfahrungen mit. Und dieses Wort „Prüft alles und behaltet das Gute!“ kann uns dabei helfen, unsere neue Gemeinde zu gestalten. Aus der Liebe und Zuwendung heraus. Denn vorausgesetzt ist, dass wir bereits von Gott gehalten sind. Er lebt mitten unter uns, in uns und durch uns. Das ist „das Gute“! Und aus dieser guten Gewissheit heraus können wir „prüfen“, Altes loslassen und Neues ergreifen. Unsere Energie brauchen wir nicht in irgendwelche Formen der Selbstbehauptung stecken, sondern: wenn wir uns selbst wertgeschätzt und angenommen wissen, werden wir offen für andere und anderes. Offen auch für noch Unvertrautes und Unerprobtes.    

Und deshalb stimmt es wahrscheinlich, dass beides zum „Prüfen“ gehört: ein gründliches Überlegen und Abwägen, aber auch Neues und Ungewohntes auszuprobieren. Wichtig ist, dass wir dabei unsere Beziehungen nicht aus den Augen verlieren, dass wir einander wahrnehmen und Gehör schenken. Und uns vergewissern, dass Gott bei uns ist. Denn wir „behalten das Gute“ auch gerade dadurch, dass wir es immer wieder neu in unserem Gemeindeleben entdecken!  

Auf ein lebendiges und gutes Miteinander freut sich

Pfarrerin Maret Schmerkotte